9. Auktion / Lübeck: Fehldruck ZWEI EIN HALB statt ZWEI
Sehr schöne, frische, tadellose und ursprüngliche Erhaltung. Der Fehldruck auf Brief gehört zu den großen Seltenheiten der Altdeutschland-Philatelie, neben dieser einmaligen Frankaturkombination sind nur 6 Einzelfrankaturen registriert.
Startpreis EUR 40‘000.-
Zuschlag EUR 270‘000.-
2 Schilling rotbraun mit Inschrift „ZWEIEINHALB“, der berühmte Fehldruck, zusammen mit Normalmarke 2 Schilling rotbraun, beide außerordentlich farbfrisch und voll- bis meist breitrandig, als Paar geklebt, mit klaren, übergehend aufgesetzten Balkenstempeln und sauber nebengesetztem Doppelkreisstempel „LUEBECK 5/12“ auf Briefhülle nach Neustrelitz. Rückseitig roter Bahnpoststempel „HAGENOW-ROSTOCK 1 IT“ und Ausgabestempel.
Provenienz: Konsul Alfred Weinberger, John Boker jr. (1988)
„ZWEI EIN HALB“ statt „ZWEI“ – Der ungewöhnlichste Druckfehler der Altdeutschen Staaten!
Am 21. März 1881 konnten die Mitglieder vom
„1. Philatelisten Verein Dresden“ kaum glauben, welche philatelistische Sensation der junge Apotheker Ferdinand Meyer aus Franzensbad in Form eines ganzen Originalbogens der Lübeck 2 Schilling rotbraun von 1859 vorlegte. Ferdinand Meyer, gerade 34 Jahre alt geworden, galt als einer der bedeutendsten Experten während der frühen Pionierjahre der Philatelie. Apotheker Meyer war Verfasser zahlreicher Fachartikel und Werke zu den unterschiedlichsten Themen, darunter so schwierige Gebiete wie der „Katalog der Postwertzeichen des ottomanischen Kaisertums“ (1875) und „Afghanistan“ (1879). Jetzt legte der anerkannte Philatelist einen kompletten Schalterbogen von 100 Stück der 2 Schilling Erstausgabe von Lübeck vor, bei dem die 6. und die 7. Marke der untersten Bogenreihe in den Ecken zwar die korrekte Wertziffer „2“ zeigten, im Wertschild neben dem Doppelköpfigen Adler jedoch die falsche Inschrift „ZWEI EIN HALB“ statt „ZWEI“ stand.
Was war passiert? Die Buch- und Steindruckerei
H.G. Rathgens in Lübeck hatte den Auftrag für die Herstellung der neuen Postmarken erhalten, die am
1. Januar 1859 zur Verfügung stehen mussten. Die Zeit drängte. Die fünf verschiedenen Wertstufen von
½ Schilling bis 4 Schillinge sollten in Bogen mit
100 Exemplaren im Steindruck hergestellt werden. Die Übertragung der 100 Felder auf den Druckstein war ein großer Arbeits- und Zeitaufwand. Nachdem 95 Felder der 100 Felder auf dem Stein der 2 Schilling übertragen waren, unterlief dem Lithografen ein folgenschwerer Fehler, der aber wohl nur ihm selbst aufgefallen war. Warum auch immer, übertrug er auf Feld 96 und 97 irrtümlich das Bild der 2 ½ Schilling Postmarke.
Bald darauf entdeckte er seinen Fehler. Doch statt in einem aufwändigen Verfahren auf dem Druckstein die beiden Felder mit dem Bild der 2 ½ Schilling vollständig zu entfernen, entschied er sich nur für die Korrektur der Eckziffern. Er entfernte die acht Wertziffern „2½“ und zeichnete von Hand acht „2“ Ziffern in die Ecken der Positionen 96 und 97. Jede der von Hand gezeichneten Eckziffern „2“ hat dabei ein etwas anderes Aussehen als die Wertziffern „2“ auf den übrigen 98 Feldern des Bogens. Gleichzeitig übersah der Drucker, dass in den beiden Wertschildern links des Adlers die falsche Inschrift „ZWEI EIN HALB“ verblieb. So entstand der auffälligste Fehldruck der Altdeutschen Staaten.
Die Buch- und Steindruckerei H. G. Rathgens lieferte die Bogen mit den beiden Fehldrucken unbemerkt an das Stadt-Post-Amt Lübeck. Kurios ist die Tatsache, dass der Kontrollstempel vom Stadt-Post-Amt im Bogenrand praktisch immer unterhalb der beiden unbemerkten Fehldrucke platziert ist. Es sollten 22 Jahre vergehen, bis der junge Briefmarkensammler Ferdinand Meyer aus Franzensbad den Druckfehler den staunenden Mitgliedern des „1. Philatelisten Verein Dresden“ präsentierte. Dr. jur. Otto Rommel berichtet in einem separaten Abdruck „Die Postwertzeichen von Lübeck“ aus der Postwertzeichen-Kunde im Jahr 1895 von seinem Vergnügen als Sammler: „… der Verfasser (Dr. jur. Otto Rommel) hatte aber auch selbst das seltene Vergnügen, im Mai 1890 einen ganzen Bogen des Wertes zu 2 Schilling einschließlich der Fehldrucke bei Herrn A. Larisch – München bewundern zu dürfen“. Ein Vergnügen, das bis zum heutigen Tag über viele Sammlergenerationen nur wenige Philatelisten erleben durften!