9. Auktion / Bayern: Der Kehrdruckblock des Schwarzen Einser
Es sind nur 3 Kehrdrucke der ersten Marke Deutschlands bekannt, alle innerhalb von Blockstücken. Interessanterweise stammen alle bekannten Kehrdrucke von verschiedenen Bogenfeldern; der hier angebotene Block passt haargenau unter den Block aus der Ferrari-, Dale-Lichtenstein- bzw. Kirchner-Sammlung, das kopfstehende Klischee stammt also von Feld 36 des unteren linken Druckbogenviertels.
Startpreis EUR 200‘000.-
1 Kreuzer schwarz, Platte 1, senkrechter 12er-Block mit diversen Plattenfehlern, dabei die 10. Marke kopfstehend, sogenanntes ‚tête-bêche‘. Farbfrisch und allseits voll- bis breitrandig, links mit breitem Bogenrand, ungebraucht mit Originalgummi, 7 Werte postfrisch. 6 Werte mit Bugspuren bzw. leichten Bügen, der Randstreifen mit dem senkrechten ‚tête-bêche‘ tadellos. Ein faszinierendes Stück, welches zweifellos zu den größten Seltenheit der klassischen deutschen Philatelie gehört. Fotoattest Stegmüller BPP (2022)
Provenienz: Georg Koch, Giessen (Gilbert und Köhler, 1908), Baron Philipp von Ferrari (Gilbert 1923), John Boker jr. (1986)
Findet zusammen was zusammen gehört?
Im Jahr 1894 vermeldete „THE LONDON PHILATELIST“, die Zeitschrift der London Philatelic Society (ab 1906 The Royal Philatelic Society London) eine sensationelle Entdeckung für die Altdeutschland-Philatelie. Ein Blockstück der ersten bayerischen und deutschen Briefmarke, bei dem eine 1 Kreuzer schwarz kopfstehend eingedruckt war. In den folgenden Jahren konnten insgesamt drei Blockstücke mit den sensationellen Kehrdrucken gefunden werden:
- Der Kehrdruck 15er Block aus der Sammlung des Kommerzienrates Elster. Zuletzt bei der Weltausstellung in New York 1926 ausgestellt wurde der Block nach über 100 Jahren in Familienbesitz erstmalig 1997 bei Corinphila in Zürich und zuletzt bei Heinrich Köhler im Jahr 2019 versteigert.
- Der „Ferrari/Lichtenstein/Boyd-Dale/Kirchner“ Kehrdruckblock, zuletzt versteigert bei Heinrich Köhler im Jahr 2009.
- Der „Koch/Champion/Boker“ Kehrdruckblock. Er wurde erstmalig bei Gilbert & Köhler in Paris 1908 und zuletzt bei Heinrich Köhler im Jahr 1986 versteigert.
Nach den Entdeckungen der drei Blockstücke kurz vor und/oder rund um die Jahrhundertwende 1900 gehören sie bis heute zum „Non plus Ultra“ der altdeutschen und internationalen Philatelie!
In den 1980er Jahren erforschte Georg Bühler intensiv die Plattierung der 1 Kreuzer schwarz. Leider konnte er seine Forschungen zu Lebzeiten nicht mehr abschließen. Aber seine Forschungsunterlagen wurden 1987 von dem jungen Philatelisten Karl Louis bei Heinrich Köhler erworben. Er interessierte sich für Druckplatten-Rekonstruktionen klassischer Markenausgaben und führte die Forschungsarbeiten von Georg Bühler zur 1 Kreuzer schwarz zunächst weiter. Bald weckten die Kehrdruckblöcke sein Interesse. Überrascht stellte er fest, dass:
- Alle Kehrdruckblöcke aus dem linken unteren Bogenviertel der 180er-Druckform stammten
- Sich die Bogenpositionen der beiden senkrechten 12er Blöcke innerhalb des Bogenviertels exakt ergänzten
Als unser junger Köhler Philatelist die verfügbaren Abbildungen der beiden Kehrdruck-Zwölferblocks den Bogenpositionen entsprechend untereinander platzierte konnte er das Gesehene kaum glauben: Beide Kehrdruck-Zwölferblöcke bildeten ursprünglich ein 24er-Blockstück mit zwei enthaltenen Kehrdrucken! Irgendwann um 1900 musste ein „philatelistischer Barbar“ das große 24er-Blockstück getrennt haben, um die beiden Hälften mit jeweils einem Kehrdruck vermutlich an Georg Koch und Phillip von Ferrari zu verkaufen.
Heinrich Köhler und die Bayern-Kehrdrucke der 1 Kreuzer schwarz sind in der Geschichte der Philatelie untrennbar miteinander verbunden. Kein anderes Auktionshaus hatte in seiner Geschichte die große Ehre alle drei Blockstücke versteigern zu können. Werden die beiden Blockstücke jetzt nach mehr als 100 Jahren wieder zusammen finden?