4. Auktion / Bayern: Schwarzer Einser 6er-Streifen
Größte bekannte Mehrfachfrankatur der Nr. 1 und herausragende Bayern-Seltenheit; es sind nur 2 weitere Sechserstreifen der Nr. 1 auf Brief registriert, von denen wir einen seit 90 Jahren nicht mehr belegen können.
Startpreis EUR 60‘000.-
Zuschlag EUR 85‘000.-
1849, 1 Kreuzer schwarz, ursprünglich senkrechter 6er-Streifen, die 3. Marke mit Plattenfehler „I und N verbunden“ (dadurch der sogenannten ‚Platte 3‘ bzw. der mysteriösen Platte 1X? zuzuordnen), allseits breitrandig geschnitten mit fast vollständigen Zwischenlinien, mit geschlossenem Mühlradstempel „80“ und sauber nebengesetztem Fingerhutstempel „LAUF 24/6“ auf Faltbrief an das Landgericht in Sulzbach, portogerecht frankiert für die 2. Gewichtsstufe.
Barbarischerweise wurde in alter Zeit versucht, die oberste Marke mit einem Federmesser auszuschneiden, dadurch ein unauffälliger Einschnitt im Briefpapier links unter der oberen Marke des Streifens und in der Einheit durch den oberen Bereich der 2. Marke verlaufend, hier jedoch das Briefpapier nicht durchtrennend (Dies bereits bei Harmer 1939 beschrieben). Fotoattest Stegmüller BPP (2020) (Mi.-Nr. 1Ia)
Provenienz: Sammlung Rothschild (Harmer-Auktion, 1939), Sandra Ilene West (Harmer-Auktion, 1980), John R. Boker, Jr. (1987)
Geheimnisvolle Druckplatte 1X!
Einer der ersten philatelistischen Forscher der Druckplatten der 1 Kreuzer Schwarz von 1849 war Georg Bühler. Vor etwa einem halben Jahrhundert war Bühler erstmals auf die Existenz einer „zweiten Druckplatte 1“ mit beschädigtem linken Fuß der großen „1“ aufmerksam geworden. Er hatte erkannt, dass ungebrauchte Exemplare von dieser „zweiten Platte 1“ extrem selten sind und gestempelte Stücke nur schwer nachweisbar waren. Diese seltene „zweite Platte 1“ war für Bühler die „Unbekannte X“. Ein Mysterium und eine große Herausforderung hinsichtlich Identifizierung durch Feldbestimmung mit Hilfe von Plattenfehlern! Bühler bezeichnete die geheimnisvolle „zweite Platte 1“ in der Folge als Platte 1X.
Nach dem Tode von Georg Bühler im Jahre 1999 gelangten seine Forschungsunterlagen zum Heinrich Köhler Auktionshaus. Mit Hilfe seiner Forschungsergebnisse und Dokumentationen konnte Heinrich Köhler bei Plattierungs-Studien im Zusammenhang mit der Versteigerung der Sammlung Fritz Kirchner erstmals nachweisen, dass auch Probedrucke auf Seidenfadenpapier von der mysteriösen Platte 1X hergestellt wurden.
Der hier angebotene senkrechte Sechserstreifen auf dem Brief von Lauf an das Königliche Amtsgericht in Sulzbach stammt ebenfalls von der mysteriösen Druckplatte 1X. Das beweist das „beschädigte Druckstöckl“ bei der dritten Marke von oben, bei der im Wertschild „EIN“ alle drei Buchstaben erheblich deformiert sind. Dieser auffällige Fehler ist auf keinem Feld der 180 Marken umfassenden Druckplatte 1 erkennbar. Gleiches gilt für die vierte Marke von oben, bei der das zweite „E“ von „KREUZER“ einen ungewöhnlich dicken unteren Anstrich zeigt. Ebenfalls interessant ist eine deformierte waagerechte dünne Zwischenlinie unter der sechsten Marke des Streifens. Die dünne Zwischenlinie zeigt zwei kleine kreisförmige Ausbuchtungen, die ebenfalls nicht auf Platte 1 zu finden sind.
Die drei markanten Druckstöckl-Fehler sind ein starker Beweis, dass der Sechserstreifen auf dem Brief von Lauf von der geheimnisvollen Platte 1X stammt. Es handelt sich bei diesem Streifen um die größte bekannte gestempelte Einheit der Platte 1X und für die weitere Erforschung der Druckplatten der ersten Briefmarke Deutschlands zweifellos ein Schlüsselstück von wegweisender Bedeutung!
Für zusätzliche Hintergrund-Informationen zu „Bayerns Schwarzer Einser – Die ungelösten Geheimnisse der Druckplatten“ verweisen wir auf die Einführung zur
355. Heinrich Köhler Auktion (Oktober 2013).